Garten anlegen mit Weitblick: Ein Brief nach 5 Jahren: Liebe Antje im Jahr 2020, ...

Garten anlegen mit Weitblick: Ein ehrlicher Brief nach 5 Jahren

Wer einen Garten anlegen möchte, steht oft vor vielen Fragen: Wo fange ich an? Welche Pflanzen passen zusammen? Wie kann ich ihn schön gestalten? In diesem Blogartikel nehme ich dich mit auf eine besondere Reise zurück zu meinem Ich vor fünf Jahren – zu der Zeit, als ich nach einem Umzug plötzlich Gartenbesitzerin wurde. Damals war ich noch voller Unsicherheiten und Fragen. Völlig überfordert und planlos. Heute, mit ein paar Jahren Erfahrung und nach vielen Fehlern, weiß ich, welcher Weg für mich der richtige war.

Ich möchte dir – oder besser gesagt meinen frührern „Ich“ – in diesem Artikel in Briefform* von meinen Erlebnissen berichten. Du wirst darin erfahren, warum es für mich zentral war, meinen Garten aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten: Nicht nur als „noch mehr“ Arbeit, sondern als vielfältigen Lebensraum. Wenn du also gerade darüber nachdenkst, deinen eigenen Garten anzulegen oder umzugestalten, dann lies gerne weiter.

Wie soll ich denn den Garten anlegen? Meine Nachricht an mein früheres Ich.

Liebe Antje im Jahr 2020,

wie schön, dass du letzten Winter in dein Elternhaus gezogen bist und jetzt dein erstes Gartenjahr vor dir hast. Ich kann gut verstehen, wie viel deiner Kindheit in diesem Garten stecken. Wie vertraut sich alles anfühlt – und gleichzeitig auch fremd. Der Apfelbaum ist noch da, aber kleiner als in deiner Erinnerung. Und ja, ich bin mir sicher, du fühlst dich gerade etwas überfordert.

Ein Umzug, ein Baby, zwei Schulkinder, eine Pandemie – und dann auch noch dieser Garten. Das ist viel Arbeit. Aber ich schreibe dir heute aus dem Jahr 2025, um dir zu sagen: Du musst dich nicht stressen – wirklich nicht. Der Garten will nichts von dir, er wartet einfach auf dich.

Ich möchte dich bitten, dir Zeit zu nehmen, ihn kennenzulernen. Das ist das Beste, was du in der jetzigen Situation tun kannst. Mache keine überstürzten Pflanzenkäufe, sondern beobachte einfach, wie sich Licht und Schatten durch die Jahreszeiten verschieben. Wo es summt und brummt, wo sich die Vögel sammeln. Welche Blumen einfach von selbst wiederkommen, obwohl niemand sie gesät hat. Schau dir an, wie sich das Leben seinen Platz nimmt, ganz ohne einen Plan oder dein Zutun.

Garten anlegen Symbolbild Brief mit Anrede: Liebe Antje im Jahr 2020

Und jetzt kommt mein ernstgemeinter Rat an dich:

  • Hör auf an den falschen Stellen nach Ideen zu suchen!
  • Hör auf, ständig Baumarktwerbung anzugucken.
  • Hör auf, durch Neubaugebiete zu fahren und dich dort „inspirieren“ zu lassen.
  • Hör auf, stundenlang auf Instagram und Pinterest zu scrollen.

Glaub mir, das ist nicht das, was du lernen wirst, was einen Garten ausmacht. Das alles ist nicht der Garten, nach dem du suchst.

Soviel kann ich dir jetzt schon mitgeben – auch wenn ich weiß, dass du noch ein paar Jahre brauchst, um die Tiefe dieses Gedankens zu begreifen:

Ein Garten ist Natur.

Und: Der Garten gehört nicht dir.

Lass uns einen kleinen Perspektivwechsel machen.

Ein Garten ist kein Projekt, das man einmal schnell „fertig“ macht und dann pflegt, saugt und aufräumt wie ein Wohnzimmer.

Ein Garten ist ein Lebensraum.

Aber: Dieser Lebensraum gehört nicht dir allein. Du teilst ihn – mit Wildbienen, mit Käfern, mit Vögeln, Igeln, Schmetterlingen, Pilzen, Mikroorganismen. Auch wenn du sie nicht alle siehst, sind sie da. Und sie brauchen dich – oder besser gesagt: Sie brauchen deinen Respekt.

Die Frage ist nicht: „Wie mache ich meinen Garten schön und ordentlich?“
, sondern: „Wie kann ich ihn so gestalten, dass er möglichst vielen Lebewesen dient?

Das ist der Moment, in dem sich dein Denken über Gärten verändert. Und ich verspreche dir: Es wird ein befreiender Moment. Plötzlich darfst du Dinge stehen lassen. Plötzlich musst du nicht mehr alles wissen, bevor du beginnst. Du darfst Fehler machen. Du wirst Fehler machen – und das ist gut so. Denn der Garten verzeiht dir alles: Wenn du die Fehler nur einmal machst (und sie wenn möglich wieder bereinigst)! Er zeigt dir, was funktioniert und was nicht. Je öfter du genau hinschaust, desto mehr wirst du verstehen.

Ich kann dir sagen, dass du dich auf eine steile Lernkurve einlässt. Du wirst zunächst Pflanzen kaufen, die niemand braucht. Du wirst Beete umgraben, obwohl du sie hättest in Ruhe lassen sollen. Du wirst Rasen säen, der nie anwächst. Aber mit jedem Versuch kommst du näher an das heran, was dieser Garten wirklich sein kann und wonach du dich unbewusst sehnst.

Dann, irgendwann, verstehst du, dass Vielfalt das Ziel ist. Dass jedes Stück offenen Bodens eine Einladung für bodennistende Wildbienen sein kann. Dass hier heimische Insekten auch hier heimische Blumen brauchen, das hat die Evulution so eingerichtet. Du erkennst, dass „schlechter“ Boden für viele Pflanzen aus unseren Breitengraden der „bessere“ Boden ist. Du begreifst, dass Raupen Spezialisten sind, die bestimmte Futterpflanzen brauchen – und dass ein „Unkraut“ manchmal der Schlüssel zu einem artenreichen Garten ist.

Ein Lebensraum kann so vieles sein:

  • blühende Wildblumen
  • ein Haufen Äste in einer unaufgeräumten Ecke,
  • eine Pfütze, die du nicht gleich trockenlegst,
  • ein alter Baum, der nicht aus dem Garten entfernt wird,
  • ein Stück Rasen, den du einfach mal wachsen lässt.

Du wirst lernen, dass auch der kleinste Beitrag zählt. Dass es nicht den einen perfekten Garten gibt, sondern viele kleine Möglichkeiten, Lebensräume zu schaffen. Und mit jeder Entscheidung in diese Richtung wird dein Garten lebendiger.

Es ist nicht nur der Garten, der sich verändert. Es bist auch du. Du wirst verstehen, dass die Natur in Kreisläufen funktioniert. Auch wenn du sie nicht bis ins Detail verstehst, weißt du, dass sie da sind. Und hoffst darauf, dass sie in deinem Garten funktionieren.

Du wirst auch dahin kommen, weniger für deinen Garten zu konsumieren, mehr zu reparieren, auf regionale und torffreie Produkte zu achten, Materialien wiederzuverwenden. Du fängst an, Kreisläufe zu erkennen – und sie zu respektieren.

Und irgendwann wird dir klar: Du gehst diesen Weg nicht nur für dich, sondern auch für deine Kinder. Du möchtest ihnen einen Ort hinterlassen, an dem noch Vögel singen und Schmetterlinge fliegen.
Dabei weißt du, wie schwer es ist, Vertrauen in die Zukunft zu haben. Zu viele beängstigende Meldungen über Klimakrise, Artensterben und Kipppunkte. Manchmal fühlt es sich an, als würde alles kippen, als sei es schon zu spät. Und trotzdem: Du machst weiter.

Weil du merkst, dass Gärtnern mehr ist als Rasen mähen und ein paar Blümchen pflanzen. Jede Entscheidung, die du für deinen Garten triffst, ist Ausdruck einer Haltung und deiner Werte. Und ja – es ist politisch. Du triffst bewusste Entscheidungen: für Vielfalt, für Leben, für Kreisläufe, die nicht nur dir guttun. Warum du das tust, wirst du verstehen, wenn dich dieses Zitat findet:


„Handeln ist das Gegenmittel zur Verzweiflung.“ Joan Baez

Diesen Satz wirst du in fünf Jahren lesen, ihn auf deinen Garten beziehen und wissen: Nichts tun ist keine Option.

Deshalb bitte ich dich: Mach es gleich richtig. Geh nicht den Umweg über akkurate Heckenschnitte, robotergemähte Rasenflächen, Modepflanzen oder Instagram-Designs. Du wirst früher oder später sowieso dort landen, wo ich jetzt bin: im Naturgarten. Und du wirst wissen, dass es der einzige Garten ist, der Sinn macht, sowohl für dich, für deine Kinder und für die Welt, die du mitgestaltest.

Geh los. Trau dich, du kannst DEINEN Garten anlegen. Ich bin stolz auf dich.

Dein Ich aus 2025 💚

PS: Und ich darf Dir auch schon verraten, das dass Thema Naturgarten Dich so packen wird, dass Du einen Blog startest, Mitglied im NaturGarten e.V. wirst, mit deiner Regiogruppe mühelos Infostände bespielst und die Weiterbildung zum Naturgarten-Profi beginnst. 🙂🌱💪

Garten anlegen Symbolbild Brief mit Grußformel: Deine Antje aus dem Jahr 2025

* Mein Dank geht an die Schreibmentorin Anke, die mich in ihrem Newsletter auf die Idee mit dem Brief an mein früheres Ich gebracht hat.

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