Die Pfingstrosen haben die Gartensaison eingeleitet, Hortensien und Rosen stehen in voller Blüte und die Dahlien sind der krönende Abschluss der Blütezeit. Sie verzaubern mit ihrer Fülle und Perfektion. Doch inmitten dieses Spektakels fragst Du Dich: Warum ist es so still in meinem Garten? Fehlt nicht was? Warum summt und brummt es nicht?
Sehnst Du Dich nach einem Garten, der nicht nur das Auge erfreut, sondern in dem das Leben tobt: Mit Schmetterlingen, Wildbienen und Co? Aber hast keinen Überblick, welche Blumen Insekten anfliegen? Was braucht ein insektenfreundlicher Garten wirklich?
Wenn es Dir so geht, dann bist Du hier genau richtig. Nach dem Lesen dieses Artikels wirst Du Gartenblumen anhand ihrer Blüten gezielt auswählen können. Denn Du wirst verstehen, welche Blüten für Insekten problematisch sind und welche insektenfreundlichen Alternativen es gibt. Am Ende des Artikels erhält Du fünf praktische Tipps für Deine nächste Pflanzen-Entscheidung.
Warum Insekten gefüllte Blüten meiden
Die runde Pracht beliebter Gartenblumen wie Pfingstrosen, Dahlien oder Hortensien sind faszinierend. Ihre reichhaltigen Blütenblätter erinnern an Schneebälle oder Blütenkissen. Doch hinter dieser scheinbaren Perfektion verbergen sich eine Reihe von Problemen für die Insektenwelt.


Denn diese Vertreter der beliebten Gartenblumen haben häufig ein gemeinsames Merkmal: Ihre Blüten sind gefüllt. D.h. ihre Blüten bestehen aus einer Vielzahl von Blütenblättern. Erinnerst Du Dich daran, wie Du als Kind eine Blume gemalt hast? War es ein bunter Kreis und Blütenblätter darum? Genau dieser „Kreis“ in der Mitte fehlt bei gefüllten Blüten. In diesem „Kreis“ befinden sich eigentlich die Staubgefäße, auch Staubblätter genannt, der Pflanze. Sie sind verantwortlich für die Produktion von Pollen und Nektar.
Bei gefüllten Blüten wurde jedoch durch gezielte Züchtung diese natürliche Anatomie der Blumen drastisch verändert: Dieser „Kreis“ aus Staubgefäßen wurde in manchen Fällen vollständig zurückgebildet oder die Staubblätter wurden in Kronblüten, umgangssprachlich „Blütenblätter“ genannt, umgewandelt. Dadurch entstehen Blüten mit einer größeren Anzahl an Blütenblättern als üblich.
Damit sind bei solchen gefüllten Blüten die nektarproduzierenden Organe stark reduziert, wodurch Bienen selten Nektar und Pollen finden. Dies bedeutet, dass den Insekten eine wichtige Energiequelle entzogen wird – nur um die Optik der Blüten für uns Menschen zu verbessern.
Denke nun an die Wildbienen und Hummeln, die unermüdlich von Blüte zu Blüte fliegen, um Nektar zu sammeln. Bei gefüllten Blüten werden sie nicht fündig. Sie stehen vor einer trostlosen Blütenpracht, die für sie nichts bietet.
Es geht noch schlimmer: komplette Fake-Blüten
In der Diskussion über Blüten für einen insektenfreundlichen Garten, darf der Blick auf eine ganz besondere Sorte nicht fehlen: Ich nenne sie „die komplette Fake-Blüte“. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Forsythie, eine Pflanze, die mit ihren leuchtend gelben Blüten im Frühling viele Gärten schmückt.
Die Blüten der Forsythie sehen zwar auf den ersten Blick aus wie echte Blüten, doch bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass sie keine Staubgefäße und nektarproduzierenden Organe besitzen. Sie sind in der Tat Blütenblätter ohne das übliche Innenleben, das für Insekten interessant ist: Sie sind sozusagen eine perfekte Imitation von Blüten.


Problematisch ist, dass sie durch ihr Aussehen Insekten anlocken, die im Frühjahr auf erste Nahrung angewiesen sind. Sie finden dort aber keinerlei Futter. Was kannst Du tun? Trenne Dich von der Forsythie, wie ich es in meinem Beitrag „Ich seh gelb! Warum die Forsythie mehr schadet als nutzt“ empfehle. Wenn das nicht geht, dann solltest Du zumindest in der Nähe früh und offen blühende Pflanzen anbieten, damit die Insekten etwas finden, wenn sie durch die Forsythie auf eine falsche Fährte gelockt wurden.
Indem Du Dich gegen Fake-Blüten oder gefüllte Blüten entscheidest und beim nächsten Einkauf von Pflanzen oder Samen auf ungefüllte Blüten setzt, freut sich die Insektenwelt. Im nächsten Abschnitt erfährst Du mehr über diese insektenfreundlichen Alternativen.
Insektenfreundliche Alternativen zu gefüllten Blüten
In der Welt der Blumen gibt es eine andere Seite, die oft übersehen wird – die halb- oder ungefüllten Blüten. Halbgefüllte Blüten verfügen zwar über mehr Blütenblätter als ungefüllte Blüten, aber dennoch sind ihre Staubgefäße zugänglich. Bei ungefüllten Blüten haben Insekten freie Bahn zu den Fortpflanzungsorgane der Blumen.
Unter den Vertretern dieser Kategorien finden sich auch bekannte und beliebte Arten wie z.B. Pfingstrosen, Hortensien, Rosen oder Dahlien. Doch was macht sie zu einer insektenfreundlichen Alternative zu ihren gefüllten Blüten-Verwandten?
Pfingstrosen: Pfingstrosen gibt es nicht nur mit gefüllten Blüten. Es gibt auch halb- oder ungefüllte Exemplare, die geeigneter für Insekten sind. Eine solche Blütenpracht lockt Bestäuber an und bieten ihnen eine Fülle an Pollen und Nektar. Im Vergleich zu den gefüllten Sorten sind sie eine verlässliche Nahrungsquelle für Insekten im Frühjahr.
Hortensien: Bei den beliebten Hortensien sind die ballförmigen Blüten problematisch, wie sie viele Sorten der Bauernhortensien und Waldhortensien haben. Für Insektenfreundlichkeit bei Hortensien sorgen Rispenhortensien oder Hortensien mit Tellerblüten, die Variante mit ungefüllten Blüten. Tellerblüten findest Du zum Beispiel bei allen Kletterhortensien oder auch Raub-, Berg-, und Samthortensien.


Rosen: Halb- oder ungefüllte Rosen sind wie eine Brücke zwischen der Eleganz der gefüllten Rosen und der Natürlichkeit der wilden Rosen. Ihre Blüten weisen immer noch eine gewisse Fülle auf, jedoch sind sie nicht so überladen und verfügen über mehr Staubgefäße und Nektarien. Auch bei den Rosenarten der Kletter- und Ramblerrosen gibt es ungefüllte oder halbgefüllte Sorten.


Dahlien: Auch un- oder halbgefüllte Dahlien punkten durch Natürlichkeit. Im Vergleich zu den gefüllten Sorten haben sie mehr Staubgefäße und sind somit für Bienen, Schmetterlinge und andere bestäubende Insekten geeignet. Durch ihre offene Struktur ermöglichen sie den Insekten leichten Zugang zu den Nahrungsressourcen.
Wenn Du also Deinen Garten mit Pfingstrosen, Hortensien, Rosen oder Dahlien verschönern und gleichzeitig etwas Gutes für die Insekten tun möchtest, dann entscheide Dich bewusst für halbgefüllte oder noch besser ungefüllte Arten. Indem Du diese insektenfreundlichen Alternativen wählst, schaffst Du eine maximale Blütenfülle, die nicht nur für menschliche Augen sondern auch für die Insekten eine Wohltat ist.
Gut zu wissen: Hat Löwenzahn gefüllte Blüten? In der Natur findest Du nur wenige Pflanzenexemplare, die an gefüllte Blüten erinnern. Aber keine Blüte ist so prall gefüllt wie der Löwenzahn. Achtung: Hier handelt es sich nicht um eine gefüllte Blüte, wie oben als problematisch beschrieben. Denn als sogenannter „Korbblütler“ besitzt er keine gefüllten Blüten sondern hier spricht man von einem „gefüllten Köpfchen“. Das bedeutet, dass seine leuchtend gelbe Blüte aus unzähligen kleinen Einzelblüten besteht. Löwenzahn dient somit als wichtige Nahrungsquelle für Insekten, weil sie Pollen tragen. Dein insektenfreundlicher Garten profitiert davon!
Aber reicht das schon, um Deinen Garten mit Leben zu füllen? Im nächsten Abschnitt geht es daher um weitere Alternativen zu gefüllten Blüten: die heimischen Pflanzen. Denn sie bieten nicht nur Nektar und Pollen, sondern sind auch mit ihren Blättern eine wichtige Futterquelle für Gartenbewohner.


Die besten Einladungen für Insekten
Ungefüllte Blüten sind ein erster Schritt, um Deinen Garten insektenfreundlicher zu gestalten. Hier finden einige Wildbienenarten, Schmetterlinge und andere Insekten Nahrung. Doch das ist erst der Anfang. Es gibt noch weitere Punkte, die Du bei der Pflanzenwahl berücksichtigen solltest, um den Wert Deiner Pflanzen zu potenzieren.
Dein insektenfreundlicher Garten: Heimisch und pflegeleicht
Für die oben genannten Pflanzen gibt es auch heimische Alternativen, die klar einen Standortvorteil aufweisen. Aber leider nur in zwei von vier Fällen, dazu werfen wir kurz einen Blick auf die Herkunft der typischen Gartenblumen:
– Pfingstrosen: Als Alternative zu Pfingstrosen mit gefüllten Blüten gibt es die ungefüllte und heimische Garten-Pfingstrose (Paeonia officinalis var. Mollis).
– Rosen: Rosenliebhaber*innen müssen nicht verzichten, denn es gibt tolle heimische Wildrosen wie die Bibernellrose oder die Hechtrose.
– Hortensien: Hortensien sind ursprünglich in Ostasien beheimatet, insbesondere in den Regionen China, Japan und Korea. Daher findet sich keine heimische Alternative der beliebten Bauernpflanze.
– Dahlien: Bei dieser Pflanze gibt es keine heimische Sorte, da sie aus Mittelamerika stammt.
Wenn Du noch mehr tun möchtest, achte nicht nur auf ungefüllte Blüten, sondern wähle auch heimische Pflanzen aus. Am besten heimische Wildstauden. Stauden blühen nicht nur ein mal und versamen sich dann, sondern dieselbe Pflanze wächst an einem Ort und blüht jedes Jahr. Beispiele für heimische Wildstauden gibt es unzählige, z.B. Löwenmäulchen, Margeriten oder Glockenblumen.


Zwar keine Stauden, aber dennoch wichtige Nahrungsquellen mit ungefüllten Blüten für das Frühjahr sind Zwiebelpflanzen wie Traubenhyazinthen, Krokusse, Narzissen oder Schneeglöckchen. Auch Blumen, die nur einen Sommer blühen und nach der Samenbildung absterben, die „einjährige Pflanzen“, sind wertvolle Energielieferanten. Zu ihnen zählt z.B. der Saat-Lein und die Kornblume.
Informiere Dich über die heimischen Pflanzenarten in Deiner Region und integriere sie in Deinen Garten. Wenn sie in Deiner Region vorkommen, kannst Du sie guten Gewissens in Deinen insektenfreundlichen Garten holen und kannst sicher sein, dass die heimische Insektenwelt auf sie fliegen wird. Denn sie sind perfekt auf die Bedürfnisse der einheimischen Insekten eingestellt. Und der Extra-Bonus: Sie sind oft pflegeleichter, da sie besser an die klimatischen Bedingungen angepasst sind. Außerdem bieten sie auch anderen Lebewesen Lebensraum und Schutz.


Dein insektenfreundlicher Garten: 24 Stunden Bestäubung durch Nachtfalter
Aber nicht nur Bienen machen einen guten Job, auch nachts findet Bestäubung statt! Das zeigt eine aktuelle Studie mit dem Titel „Negative Auswirkungen der Urbanisierung auf tag- und nächtliche Pollentransportnetzwerke“. Darin werden Effekte einer Stadt auf das Sammeln von Pollen untersucht und festgestellt, dass ein Viertel der Bestäubung nachts durch Motten passiert! Sie fliegen auf die gleichen Pflanzen wie Bienen, wie zum Beispiel Obstbäume. Aber sie lieben auch nachtblühende Pflanzen.
Du solltest daher nicht nur die Insekten am Tag im Blick haben, sondern auch an die Nachtfalter denken. Wenn Du also einen mottenfreundlichen Garten haben möchtest, kannst Du z.B. Nachtkerze, Ross-Minze oder Lichtnelke pflanzen. In der Liste für den Einkauf findest Du noch mehr Pflanzentipps, mit denen die Motten Deinen insektenfreundlichen Garten in der Nacht zum Leben erwecken werden.
Dein insektenfreundlicher Garten – ein Paradies für Schmetterlinge
Mit Deiner Kaufentscheidung für ungefüllte Blüten und heimische Pflanzen legst Du den Grundstein für Dein Insektenparadies, das summt und brummt. Doch Insekten haben unterschiedliche Bedürfnisse in Bezug auf Nektar. Hier gibt es auf der einen Seite die Arten, die ihre Brut mit Nektar aufziehen und daher eine aufwendige Brutfürsorge betreiben. Hier sind Wildbienen und Hummeln zu nennen, sie sind besonders auf Nektar angewiesen, um ihre Nachkommen zu versorgen.
Schmetterlinge und die meisten anderen Insekten hingegen haben evolutionär bedingt eine andere Strategie entwickelt und sind weniger auf Nektar angewiesen. Sie müssen ihre Fortpflanzungsaufgaben schnell erledigen, bevor sie selbst gefressen werden. Statt Nektar zu suchen ist es für sie viel wichtiger, geeignete Futterpflanzen für die Eiablage zu finden.
Wenn Du also Schmetterlinge im insektenfreundlichen Garten haben möchtest, reicht es nicht aus, nur Blütennektar zu bieten. Schmetterlingsraupen brauchen in der Regel andere Pflanzen als „erwachsene“ Schmetterlinge, die Nektar sammeln. Nektar liefert den Schmetterlingen Energie zum Fliegen, während bestimmte Pflanzen den Raupen die benötigten Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße für ihr Wachstum bieten. Für die Raupen der Schmetterlinge braucht es also zusätzlich Futterpflanzen. Viele Raupen haben sich auf bestimmte Pflanzen spezialisiert, sie sind also sehr wählerisch bei der Wahl der Kinderstube.
Auch hier gilt: Einheimische Pflanzen sind in der Regel besser als Raupenfutter geeignet als exotische Pflanzen. Auch Unkräuter und Bäume können wichtige Nahrungsquellen für Schmetterlinge sein. Daher bitte nicht über Fraßspuren ärgern, sondern sich über den „Kinder“-Garten in Deinem insektenfreundlichen Garten freuen: Denn ohne Raupen gibt es keine Schmetterlinge.


Und vergiss auch die anderen Mitbewohner im Garten, wie z.B. Käfer, Wanzen und Fliegen: Lass eine Vielzahl von Gräsern stehen und biete wilde Ecken, in denen viele Insektenlarven Nahrung finden.
Insektenfreundlicher Garten: Tipps für Deinen nächsten Pflanzen-Einkauf
Jetzt kennst Du die Unterschiede zwischen gefüllten, halb- oder ungefüllten Blüten und sogar kompletten Schein-Blüten wie der Forsythie. Doch wie kannst Du beim nächsten Einkauf die richtigen Pflanzen für einen insektenfreundlichen Garten auswählen? Hier eine Zusammenfassung der Erkenntnisse in fünf Tipps – mit Ideen für nützliche Pflanzenalternativen:
1. Wähle ungefüllte Blüten: Wenn es um Blumen geht, achte darauf, Sorten zu wählen, die halb- oder besser ungefüllte Blüten haben. Schau Dich in Gärtnereien oder Online-Shops nach ungefüllten Blüten um und lass Dich von ihrer natürlichen Schönheit bezaubern.
2. Setze zusätzlich auf heimische Wildpflanzen: Wildpflanzen kennen keine züchterisch veränderten gefüllten Blüten. Hier kannst Du davon ausgehen, dass sich irgendein Insekt ganz sicher über das Angebot freuen wird. Eine Liste mit heimischen Blumen gibt es in der Datenbank „naturaDB“, die Auswahl kannst Du auch noch weiter verfeinern.
3. Wähle Raupenfutterpflanzen: Alles zu „Raupen-Futterpflanzen“ erfährst Du im gleichnamigen Beitrag auf naturaDB. Dort sind die wichtigsten Informationen und Ideen für entsprechende Pflanzen zusammengestellt.
4. Biete auch Pflanzen für Nachtfalter an: Denk an den wichtigen Job, den Motten nachts erledigen. Weitere Informationen dazu und viele Pflanzenideen findest Du auf der Themenseite „Pflanzen für Nachtfalter“ von naturadb.
5. Achte auf Blütezeiten: Um vor allem im Frühjahr und Sommer eine kontinuierliche und reichhaltige Nektarquelle für Insekten zu bieten, kombiniere Pflanzen mit unterschiedlichen Blütezeiten. Du findest die Informationen dazu in der Beschreibung der Pflanzen online oder im Handel auf dem Etikett. So kannst Du sicherstellen, dass immer ungefüllte Blüten vorhanden sind, die den Insekten Nahrung und Proviant für ihre Nachkommen bieten.
Indem Du beim nächsten Einkauf auf ungefüllte Blüten, heimische Pflanzen und Raupenfutter achtest, leistest Du einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Insektenpopulation. Gleichzeitig schaffst einen wunderschönen, blühenden und pflegeleichten Garten. Lass deshalb bei Deiner nächsten Kaufentscheidung den/die Insektenversteher*in in Dir entscheiden und stärke so das Leben in Deinem insektenfreundlichen Garten.


Und jetzt: Ab in den Garten!